Hochstammobstbäume gehören in vielen Gegenden der Schweiz zum vertrauten Bild der traditionellen Kulturlandschaft. Für die Mostherstellung spielt der Hochstammanbau wegen seiner vielen Sorten mit dem typisch herben Geschmack noch heute eine grosse Rolle. Zwar sind Äpfel die häufigste Hochstammfrucht der Schweiz, trotzdem hat sich die Anzahl Apfelbäume von 6 Millionen Apfelbäumen (1950) auf ca. 1.2 Millionen (heute) reduziert.
Bedeutung der Hochstammobstbäume:
Landschaftsbild
Hochstammbäume bereichern, prägen und strukturieren die Landschaft und tragen so zu einem vielfältigen Landschaftsbild bei.
Artenvielfalt
Hochstammobstgärten sind ein unentbehrlicher Lebensraum für viele bedrohte Tierarten.
Erholung
Obstgärten sind mit ihrem jahreszeitlich wechselnden Kleid attraktiv für Erholungssuchende.
Vielfalt
Hochstammbäume weisen eine grosse Vielfalt an verschiedenen Obstsorten auf und stellen daher ein unentbehrliches Genreservoir für alte Sorten zum Wiederentdecken dar.
Kultur
Hochstammbäume sind mit ihrer langen Tradition in Bewirtschaftung und Verwertung des Obstes Teil unserer Geschichte und unserer Identität.
Obstbauern bilden sich laufend weiter, um die Hochstammbäume optimal zu pflegen und zu kultivieren. Diverse Verbände und Obstbauberatungsstellen sind aktiv, um Hochstammbäume weiterhin zu erhalten.
Obstgärten unterteilen die Landschaft in naturräumliche Bereiche und weisen eine grosse Zahl verschiedener Lebensräume auf – von der Krautschicht am Boden bis in die obersten Baumwipfel. Sie gehören damit zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Bis zu 3000 verschiedene Tierarten können hier beobachtet werden. Viele dieser Arten sind bedroht oder kommen sogar ausschliesslich in Obstgärten vor.
Wer Hochstammbäume für seinen Obstbaubetrieb nutzt, engagiert sich für die Artenvielfalt. Schweizer Obstbauern bauen ihr Mostobst nicht für den finanziellen Profit an, sondern spenden einen grossen Beitrag zur Biodiversität.
In Obstgärten finden unzählige Tiergruppen ihren Lebensraum: Vögel, Fledermäuse, Schläfer, Igel, Spinnen, Schmetterlinge, Schwebfliegen, Käfer und weitere Insektengruppen. Über 1000 Arten von Insekten, Spinnentieren und Tausendfüssler wurden in Obstgärten festgestellt. Besonders wichtig sind Obstgärten für Vögel: Rund 40 Brutvogelarten leben in der Schweiz im Lebensraum Obstgarten. Dies entspricht einem Fünftel der einheimischen Brutvögel.
Rückgang der Hochstammobstbäume
In den letzten 50 Jahren sind über 80% der Hochstammobstbäume verschwunden. Wurden 1950 noch 15 Millionen Bäume gezählt, waren es bei der letzten Baumzählung 1991 noch 3 Millionen. Der rückläufige Trend hält auch heute noch an. Der Bestand nimmt jährlich um weitere 1,5% ab. Zwischen 1994 und 2004 verschwanden 75 000 Bäume. Jede Stunde werden 7 Hochstammbäume gerodet. Der heutige Bestand wird noch auf 2,3 Millionen Hochstammbäume geschätzt. Der Rückgang der Hochstammobstbäume ist aber keine Schweizer Besonderheit. In vielen europäischen Ländern nimmt die Fläche mit Hochstammobstbäumen ab.
Hochstammanbau ist nicht mehr kostendeckend
Der Anbau auf Hochstammbäumen ist kaum noch kostendeckend. Der Minderertrag gegenüber einer baumfreien Wiese beträgt im Talgebiet 54 Franken pro Baum. Dazu tragen folgende wirtschaftliche Rahmenbedingungen bei:
- Die Most- und Steinobstpreise sind massiv gesunken. Die teilweise Öffnung der Grenzen und die aufkommenden Billiglinien und Discounter verstärken den Druck auf die Produzentenpreise weiter.
- Die Exportsubventionen werden abgebaut. Das wird zu einem weiteren Konzentrationsprozess bei den Verarbeitern führen.
- Die kleineren Zulieferer von Hochstammobst fallen weg.
- Seit 2005 gilt ein reduzierter Zollsatz für importierte Fruchtbrände, Kirschen und Zwetschgen. Das hat zu einem Zerfall der Brennobstpreise geführt, der sich für viele Produzenten nicht mehr lohnt.
- SwissGAP: Ab 2010 verlangen die Grossverteiler einen neuen Qualitätsstandard für Tafelobst. Die aufwendige und kostenintensive Kontrolle lohnt sich für viele kleine Produzenten nicht mehr. Damit fällt ihnen ein wichtiger Absatzkanal weg.
Hochstamm Suisse ist ein Verein, der sich für die Erhaltung und Förderung der Hochstammobstgärten in der Schweiz einsetzt. Die Vermarktung von Hochstammobst zu fairen Preisen und Innovationen im Produktionsprozess sind die Voraussetzung , damit diese traditionelle Anbauform wieder rentabel gestaltet werden kann und die Produzenten ihre Obstgärten erhalten, pflegen und erneuern.